Pippi Langstrumpf als betrieblicher Herkunftshinweis

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Die vorliegende Entscheidung befasst sich mit der Schutzfähigkeit von Personennamen berühmter (historischer oder fiktiver) Personen und der Frage, ob derartige Namen für die angesprochenen Verkehrskreise sich nur noch in einem Sachhinweis oder Synonym für den Gegenstand oder Inhalte der maßgeblichen Waren bzw. DL erschöpfen oder als betrieblicher Herkunftshinweis Markenfunktion auslösen.

Zum Urteil

BPatG/29 W (pat) 37/13/17.02.2107 (veröff. in MarkenR 2017, 169)

Relevante Rechtsnormen

§ 66 MarkenG, §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG

Sachverhalt

Das BPatG hatte sich im Beschwerdeverfahren mit der Zurückweisung eines auf § 50 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG gestützten Löschungsantrags wegen absoluter Schutzhindernisse gegen die am 29.11.2017 für ein Vielzahl von Waren der Klassen 9 (u.a. Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild), 16 (u.a. Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel), 28 (Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien) und der DL der Klasse 41 (u.a. sportliche Aktivitäten; Fotografie; Fotoreportagen; Berufsberatung) eingetragenen Wortmarke „Pippi Langstrumpf“ zu befassen. Kernfrage war, ob dieser Marke trotz der sehr großen Bekanntheit der entsprechenden Romanfigur die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis in Bezug auf die maßgeblichen Waren/DL zuzuerkennen war. So werden bekannte Namen häufig mit sog. Gebrauchsartikeln verbunden, um ein bestimmtes Image und/oder Qualität des Gebrauchsartikels dem angesprochenen Verkehrskreis zu vermitteln, den Kaufanreiz zu erhöhen oder sie werden erworben, sich als Anhänger oder Fan dieser Person, ihrer Werke oder sonstigen Leistungen darzustellen. Der Antragssteller hatte insoweit geltend gemacht, der Verkehr sehe in „Pippi Langstrumpf“ kein betriebliches Unterscheidungs-, sondern nur ein Werbemittel für die Waren der Klassen 16 und 28 nur als Merchandiseartikel und zudem in „Pippi Langstrumpf“ nur einen inhaltlichen Hinweis auf die literarische Figur oder aber auf einen bestimmten Mädchentyp eines frechen, fröhlichen, starken und rebellischen Mädchens mit Sommersprossen. Das BPatG teilte die Rechtsauffassung des DPMA, wies die Beschwerde zurück und ließ die Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zu.

Bisherige Rechtsprechung

Die vorliegende Entscheidung reiht sich in die st. Rspr. des BGH (GRUR 2003, 342 – Winnetou) und des BPatG ein, die sehr differenzierend in Bezug auf die Frage entscheidet, ob derartige Namen berühmter historischer oder fiktiver Personen Unterscheidungskraft aufweisen und/oder eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe darstellen, in dem sich als Sachhinweis oder Synonym für den Gegenstand oder die Inhalte der maßgeblichen Waren bzw. DL erschöpfen (z.B. BPatG GRUR 2014, 79 – Mark Twain; GRUR 2008, 512 – Ringelnatz; GRUR 2008, 522 – Percy Stuart; GRUR 2008, 518 – Karl May; Beschl. v. 27.08.2002 – 27 W (pat) 65/02 – Captain Nemo).

Entscheidungsgründe

Als individualisierende Bezeichnung einer ersichtlich fiktiven Mädchenfigur vermag die Bezeichnung „Pippi Langstrumpf“ zugleich auf das Unternehmen hinzuweisen, dass Waren und DL im Zusammenhang mit dieser Phantasiefigur produziert und anbietet. Diese weckt insoweit lediglich Assoziationen an die sehr bekannte Romanfigur und erschöpft sich weder in einer produktbeschreibenden Angabe i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG noch kann mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden, dass sie ausschließlich als sachbeschreibender Hinweis auf den Inhalt und Gegenstand der geschützten Erzeugnisse oder DL verstanden wird und ihr deshalb das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft i.S.v § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, selbst wenn man unterstellt, dass mit dieser bekannten und einmaligen Romanfigur unverkennbare Wesenszüge verbunden sein mögen.

Konsequenz

Die aktuelle Entscheidung des BPatG bestätigt im Ausgangspunkt die st. Rspr., wonach auch berühmte oder historische Personennamen aufgrund ihrer Namensfunktion und Individualisierung des Namensträgers geeignet sein können, die für den markenrechtlichen Schutz maßgebliche betriebliche Herkunftsfunktion für Waren und DL auszuüben. Maßgeblich ist die Prüfung im Einzelfall und Frage, ob diese Namen für die angesprochenen Verkehrskreise in Bezug auf die konkret in Rede stehenden Waren bzw. DL sich nur noch in einem Sachhinweis oder Synonym für deren Gegenstand oder Inhalt erschöpfen. Hierbei gilt für andere Markenkategorien im Ergebnis nicht anderes. So hat der BGH für die Bildmarke „Marlene Dietrich“ (BGHZ 185, 152 – Marlene-Dietrich-Bildnis-II) der früheren Rspr. des BPatG (GRUR 2010, 73 – Portraitfoto Marlene Dietrich II) einschränkende Leitlinien im Hinblick auf den vom BPatG hervorgehobenen Aspekt reiner Werbewirkung und des Merchandising (hierzu BPatG MarkenR 2006, 359; ebenso für die Wortmarke Richard Wagner – Barren BPatG GRUR 2014, 667) mit auf den Weg gegeben.


München

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